BGH entscheidet zur Haftung der Eltern für illegales filesharing ihrer minderjährigen Kinder

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.11.2012 (Az. I ZR 74/12 - Morpheus) entschieden, dass Eltern für die Teilnahme ihres minderjährigen Kindes an illegalen Tauschbörsen im Internet (sog. filesharing / peer-to-peer-Netzwerke) dann nicht zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie das Kind darüber belehrt hatten, dass die Teilnahme an solchen Tauschbörsen verboten ist und sie keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass das Kind sich an das Verbot nicht hält.

Mehrere Tonträgerhersteller hatten die Eltern eines zur Tatzeit 13-jährigen Kindes auf Schadensersatz von 3.000,00 EUR und Erstattung von Abmahnkosten von 2.380,80 EUR verklagt.

Auf dem von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Computer des Sohnes der Beklagten waren  die Tauschbörsenprogramme „Morpheus“ und „Bearshare“ installiert. Der Junge soll über den Internetanschluss seiner Eltern 1147 Audiodateien zum Download angeboten haben.

Das Landgericht Köln (Urteil vom 30.03.2011, Az. 28 O 716/10) hat die beklagten Eltern zur Zahlung des Schadensersatzes sowie der Abmahnkosten verurteilt. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 23.03.2012, Az. 6 U 67/11) hat das Urteil bestätigt. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht Köln im Berufungsurteil aus, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten und daher nach § 832 Abs. 1 BGB für das illegale filesharing ihres Sohnes verantwortlich wären.

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Urteil nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass die Eltern im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht nicht verpflichtet seien, die Internetnutzung des Kindes zu überwachen, seinen Computer zu überprüfen oder dem Kind keinen Zugang zum Internet zu gewähren. Es genüge, das Kind über die Rechtswidrigkeit illegalen filesharings zu belehren und die Teilnahme an Tauschbörsen zu verbieten. Zu weitergehenden Maßnahmen seien die Eltern erst verpflichtet, wenn sie Anhaltspunkte dafür hätten, dass das Kind das Verbot nicht beachtet.

Die vorstehenden Angaben basieren auf der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2012 (Nr. 193/2012). Einzelheiten zur Urteilsbegründung können erst nach Veröffentlichung des BGH-Urteils bekannt gegeben werden.

Die Entscheidung dürfte wesentlich zur Rechtssicherheit zumindest in denjenigen Fällen beitragen, in denen Eltern für die rechtswidrige Nutzung ihres Internetzugangs durch ihre minderjährigen Kinder zur Verantwortung gezogen werden. Die Rechtsprechung zu den Belehrungs- und Überwachungspflichten der Eltern als Anschlussinhaber war bislang eher uneinheitlich.

Da im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung  im Zweifel bewiesen werden muss, dass das minderjährige Kind belehrt und ihm die Teilnahme an Tauschbörsen untersagt wurde, sollte die Belehrung möglichst dokumentiert werden. In Betracht kommt auch die Angabe des Kindes als Zeuge. Nach Möglichkeit sollte aber eine weitere Person (z.B. der andere Elternteil) bei der Belehrung anwesend sein, um diese ggf. vor Gericht bestätigen zu können.

Abzuwarten bleibt, ob die Rechtsprechung die gleichen Maßstäbe im Falle der Nutzung des Internetanschlusses durch volljährige Kinder oder andere volljährige Haushaltsmitglieder ansetzen wird. Es spricht einiges dafür, dass in diesen Fällen jedenfalls keine strengeren Maßstäbe anzusetzen sein dürften, als bei der Internetnutzung durch minderjährige Kinder - schließlich dürfte von einem volljährigen Haushaltsmitglied, das den Internetanschluss zur Teilnahme an illegalen Tauschbörsen nutzt, zu erwarten sein, dass er sich der Konsequenzen seines Handelns bewusst ist und sich einem entsprechenden Verbot des Anschlussinhabers nicht widersetzt. Fraglich bleibt aber in solchen Fällen, ob und ggf. in welchem Umfang der Anschlussinhaber verpflichtet ist, volljährige Nutzer seines Internetzugangs über die Rechtswidrigkeit zu belehren und die Teilnahme an illegalen Tauschbörsen zu verbieten. Die Gerichte beurteilen diese Frage bislang uneinheitlich (vgl. dazu z.B. OLG Köln vom 16.05.2012 Az. 6 U 239/11 und OLG Köln vom 04.06.2012, Az. 6 W 81/12).

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