Tauschbörsen - Eltern haften für ihre Kinder?
Die zunehmende Verbreitung leistungsstarker DSL-Internetzugänge auch in Privathaushalten führt dazu, dass besonders auch viele Kinder und Jugendliche die Möglichkeit nutzen, „schnell und preiswert“ Musiktitel via Musiktauschbörsen wie beispielsweise Gnutella, Morpheus, eDonkey, eMule, BearShare, Limewire, BitTorrent, Kazaa und dergleichen herunterzuladen.
Oft -wenn nicht sogar im Regelfall- werden hier Titel zum Download angeboten, an denen Urheberrechte der betreffenden Künstler bzw. sogenannte Leistungsschutzrechte der Tonträgerhersteller bestehen. Was viele nicht wissen: bei der Nutzung solcher peer-to-peer-Netzwerke werden die heruntergeladenen Titel in der Regel sogleich für die anderen Teilnehmer der Tauschbörse wieder zum Download zur Verfügung gestellt. Sowohl der Download selbst, als auch die Bereitstellung für andere Nutzer verletzt nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) regelmäßig Rechte Dritter, nämlich der Musiker bzw. der Produzenten. Solche Rechtsverletzungen werden derzeit verstärkt im Wege der Abmahnung durch spezialisierte Anwaltskanzleien verfolgt.
Als Anschlussinhaber werden dann häufig die Eltern zur Verantwortung gezogen - und zur Kasse gebeten, was Schadensersatzforderungen und Abmahnkosten betrifft.
Bislang ist die Rechtsprechung meist davon ausgegangen, dass der Anschlussinhaber für sämtliche Rechtsverletzungen einzustehen hat, die über seinen Anschluss begangen werden. Dies betrifft sowohl Eltern, deren Kinder den heimischen Internetzugang nutzen, als auch Verwender ungesicherter W-LAN-Netze, in die sich -unbekannte- Dritte unbefugt einklinken.
Eine neuere Entscheidung schlägt nun in eine andere Richtung ein: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 20.12.2007 (Az. 11 W 58/07) entschieden, dass einem Familienvater nicht zugemutet werden könne, seine Kinder bei der Benutzung des Internetanschlusses ständig zu überwachen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt führt dazu aus: „Zwar kann als Störer für eine Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer … in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Ein solcher Beitrag kann vom Beklagten dadurch geleistet worden sein, dass er dem Täter seinen Computer und damit den Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt hat. Allerdings setzt die Haftung desjenigen, der selbst weder Täter noch Teilnehmer der Verletzung ist, voraus, dass er Prüfungspflichten verletzt hat. … Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich danach, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Überlässt der Inhaber eines Internetanschlusses diesen dritten Personen, kann ihn die Pflicht treffen, diese Nutzer zu instruieren und zu überwachen, sofern damit zu rechnen ist, dass der Nutzer eine Urheberrechtsverletzung begehen könnte. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird.“ Solche Anhaltspunkte konnte das Gericht aber im vorliegenden Fall gerade nicht feststellen, da dem Anschlussinhaber weder frühere Verletzungen dieser Art durch seine Familienangehörigen oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt waren noch hätten bekannt sein können. Zudem habe der Anschlussinhaber seine Kinder eindringlich darüber belehrt, bei der Internetnutzung keine Urheberrechtsverletzungen oder ähnliche Verstöße zu begehen. Mehr könne von ihm bei der vorliegenden Sachlage nicht verlangt werden. Das Gericht führt in diesem Zusammenhang ferner aus, dass eine Belehrungspflicht allenfalls gegenüber minderjährigen Kindern bestehe; bei Volljährigen könne davon ausgegangen werden, dass ihnen bewusst ist, keine derartigen Rechtsverstöße begehen zu dürfen.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Problematik liegt bislang nicht vor. Es bleibt daher abzuwarten, welche Rechtsauffassung sich letztlich durchsetzen wird. In Anbetracht der unsicheren Rechtslage werden Eltern in jedem Falle gut beraten sein, darauf zu achten, was der Nachwuchs am Computer so treibt und die Festplatte möglichst regelmäßig auf „verdächtige“ Dateien und Tauschprogramme (sogenannte File-sharing-Software) zu untersuchen. Zudem sollte Kindern, die den heimischen Internetzugang nutzen, ausdrücklich verboten werden, an Tauschbörsen teilzunehmen.
Falls Sie bereits eine Abmahnung erhalten haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an einen spezialisierten Rechtsanwalt, der Ihnen sagen wird, wie Sie sich am Besten verhalten sollten. Nur in den seltensten Fällen wird es ratsam sein, die -meist vom Abmahner vorformulierte- Unterlassungserklärung anstandslos zu unterschreiben und die Schadensersatzforderungen und Abmahnkosten zu begleichen. Die Kanzlei Schnerch steht Ihnen gern mit Rat und Tat zur Seite!